Schul- und Gemeindebibliothek Schlossmatte Hellbühlerstrasse 9 6017 Ruswil Tel: 041 495 26 76 info@bibliothek-ruswil.ch
Lesen sie hier die Buchtipps des Monats 2021 Lesen sie hier die Buchtipps des Monats 2020 Buchtipp des Monats März 2024 DAS VERBORGENE LEBEN DER FARBEN von Laura Imai Messina Mio, sieht die Welt in Farben. Wo andere ein schlichtes Rot sehen, kennt Mio von diesem Rotton zehn verschiedenen Abstufungen. Und sie alle mit einem einzigen Wort zu bezeichnen, erschein ihr als Fehler. Mio erkennt bald, dass es besser war, beim Kommunizieren auf Präzision zu verzichten. Sie wächst mit dem Rascheln der shiromukus, dem traditionellen Hochzeitsgewand der Japaner, in dem Atelier der Eltern auf. Diese bereiten Bräute auf den schönsten Tag des Lebens vor. Mio hört und sieht alles, macht sich aber im Atelier unsichtbar.  Aoi, dessen Vater ein Bestattungsinstitut leitet, wächst in einer Welt voller Wunder auf. Diese, ihm gezeigt von seinem Vater, lassen Aoi staunen über die Pflanzen und Tiere des Universums. Er erlebt mit sieben Jahren, dass der Tod etwas Schmerzliches ist, und sein Klassenkamerad, dessen Mutter im Sarg liegt, nun nicht mehr mit ihm spricht, weil Aoi ihn in dieser Situation gesehen hat. Endlich weiss er, welchen Beruf sein Vater hat. Er weiss auch das das Leben manchmal mehr schmerzt, als der Tod.  Eines Tages, begegnen sich Mio und Aoi, an Mios Arbeitsplatz. Sie arbeitet bei Pigment, einer Beratungsfirma. Aoi wendet sich an Mio, weil er die Räumlichkeiten in seinem Bestattungsinstitut renovieren will. Mio ist fasziniert von Aoi’s Augenfarbe und denkt noch auf dem Heimweg an ihn…….  Laura Imai Messina schreibt einen feinfühligen, magischen Roman, der Traditionelles mit der Lebensgeschichte von zwei Personen verbindet.  Lesen sie hier die Buchtipps des Monats 2022 Lesen sie hier die Buchtipps des Monats 2023 Buchtipp des Monats Januar 2024 AM TAG DES WELTUNTERGAS VERSCHLANG DER WOLF DIE SONNE von Sina Scherzant "Katha, wer bist du eigentlich?», oder später «Katha, wo bist du gerade?», sind die zwei zentralen Fragen, die sich der Leserschaft immer wieder stellen. Die junge Autorin beschreibt in ihrem dreiteiligen Debutroman direkt und unverblümt den innerlichen Twist, in den sich die jugendliche Protagonistin hineinmanövriert.  Katha mutet sich als selbsternannte Lebenshandwerkerin zu, in viele verschiedene Rollen zu schlüpfen. Allen voran übernimmt sie die Mutterrolle für ihre kleine Schwester und ist stets bemüht, es allen und allem um sie herum recht zu machen. Dabei schliesst sie ihre eigenen Sorgen, Ängste und vor allem auch ihre Wut auf das Leben mehr und mehr in sich hinein, bis sie von diesem «Fels», wie sie ihn nennt, beinahe erdrückt wird. Mittendrin, kommt dieses eine Jahr der Begegnung mit Angelica. Die lebensbejahende, mutige und fröhliche Frau scheint als einzige, Katha auch als Katha wahrzunehmen. Doch Angelica wird schwer krank und erneut droht alles zusammenzubrechen.  Im zweiten Teil wird es wild und chaotisch.  Schonungslos direkt beschreibt die Autorin das Gefühl der Ohnmacht, der Trauer und den Zustand kompletter Erschöpfung, in der sich Katha befindet. Man kann nicht anders, als auch den dritten und letzten Teil zu lesen, der sich 14 Jahre nach dem «Tag des Weltuntergangs» abspielt…  Buchtipp des Monats Februar 2024 WIE DIE SCHWEDEN DAS TRÄUMEN ERFANDEN von Jonas Jonasson Jonas Jonasson präsentiert mit seinem neuesten Werk einen zauberhaften Feelgood-Roman, der ganz seinem unverkennbaren Stil entspricht. Der schwedische Autor zeichnet sich nicht nur durch seine eigenständige Sprache aus, sondern prägt auch diese Geschichte durch herrlich ehrliche und unperfekte Dialoge. Die Bürgermeisterin Julia Bäck setzt alles daran, ihre von Landflucht geplagte Heimatstadt Halstaholm zu retten. Ihr Plan: Einen deutschen Großkonzern ins schwedische Niemandsland locken. Währenddessen hegt der Chef von "Traumbett", Dr. Konrad Kaltenbacher Junior, Ambitionen, mit einer Fabrik in der Nähe von Stockholm den skandinavischen Markt zu erobern. Julias Charme und Improvisationstalent werden auf die Probe gestellt, um ihn für ihre Vision zu gewinnen. Um die Protagonisten ranken sich die typisch schrägen Gestalten, die Jonassons Werke so charakterisieren. Diese Figuren wachsen dem Leser rasch ans Herz, und man fiebert mit, ob die Ansiedlung des Weltkonzerns in der Provinz gelingt und Familie Kaltenbacher ein neues Zuhause findet. Doch natürlich gibt es Widerstand, insbesondere seitens des Stockholmer Consultants Kenneth Carlander, der sich nicht so leicht ausstechen lassen will. Die Lektüre bereitet enormen Spaß, da Julia ständig mit neuen Ideen überrascht, um Konrad Kaltenbacher für sich zu gewinnen. Ein Beispiel hierfür ist die spontane Umbenennung des Stadtkreisels in den Angela-Merkel-Kreisel. Das Buch lässt sich regelrecht durchfliegen, man hat es in kürzester Zeit verschlungen und möchte am liebsten von vorne beginnen. Die Grundidee ist fröhlich, die Umsetzung unbeschwert, die Figuren liebenswert, und die Dialoge sind herrlich komisch.  Buchtipp des Monats April 2024 DIE BÜCHER, DER JUNGE UND DIE NACHT von Kai Meyer Kai Meyers Buch beginnt mit einer Höllennacht im Jahr 1943 in Leipzig. Der 10-jährige Junge glaubt an den Weltuntergang, denn die Stadt wird die ganze Nacht mit Bomben beschossen. Überall lodern Feuer. Wände, Decken stürzen ein, Menschen verbrennen oder werden durch Geschosse getötet. Doch für den Jungen beginnt mit dieser Nacht ein neues Leben. Nach 10-jähriger Gefangenschaft ist der Weg plötzlich frei. Dank eines Mannes namens Mercurio kann er durch die Gluthitze der Stadt auf das Land fliehen. Doch den Schutz von Mercurio muss er sich immer wieder mit dem Entwenden von antiken und wertvollen Büchern verdienen. Das erste Buch entwendet er aus der brennenden Villa, wo der Junge jahrelang eingesperrt war. Das Buch «Alphabet des Schlafs» stellt sich als Verbindungsstück heraus, das den Jungen auch 30 Jahre später noch beschäftigen soll. Jakob und Juli Im Jahr 1933 begann bereits die Geschichte des Jungen, lange vor dieser Nacht des Jahres 1943. Die junge Buchverlegerstochter Juli beginnt eine Liäson mit dem Buchbinder Jakob Steinfeld. Doch diese Verbindung kommt aus verschiedenen Gründen bei den verschiedensten Gruppierungen und der Familie nicht gut an. Nach nur einer gemeinsamen Nacht bleibt Juli verschwunden. Der Buchbinder Jakob macht sich auf die Suche nach ihr. Eine tragische Liebesgeschichte in den Wirren der frühen Hitlerzeit mit unberechenbaren Braunhemden nimmt ihren Lauf.  Robert und Marie Erst Jahre danach stösst 1971 Robert Steinfeld, der Junge von damals zusammen mit Marie auf Ungereimtheiten bei einer Bibliotheksauflösung des damalingen Buchverlegers. Weshalb stehen Steinfeldgebundene Exemplare im Regal mit Fertigungssiegel und Datum nach Jakob Steinfelds Tod? Welche Rolle spielt das Buch «Alphat des Schlafs» dabei? Gibt es noch Familie von Robert ausser seinem Vater Jakob? Kai Meyer versteht es ausgezeichnet, die Geschichten von Jakob und Juli und ihrer Familie, mit der von Robert und Marie aber auch allen Nebenfiguren ineinander zu verweben. Und das nicht nur auf der Ebene der gemeinsamen Geschichte, sondern auch in den verschiedenen Zeitepochen.  Buchtipp des Monats Mai 2024 DAS WUNDER VOM CAFÉ DE PARIS von Klara Seewald In ihrem neuen Roman entführt uns die Autorin Klara Seewald in die Stadt der Liebe. Und wo können Wunder geschehen, wenn nicht in Paris. Der Buchhändler Benoît, die Unternehmerin Martine und die alte Marie-Louise haben eines gemeinsam, ihr Leben steht vor grossen Veränderungen. Als sich die Wege der drei im kleinen Café de Paris kreuzen, ahnen sie noch nicht, wie wichtig sie füreinander sein werden.  Das Buch ist eine herzerwärmende Geschichte, die wie eine wohltuende Umarmung ist. Während dem Lesen fühlt man sich in Paris sofort versetzt ans Ufer der Seine. Hier trifft man auf Benoit, der mit Herz und Seele Buchhändler ist, und den man sofort ins Herz schliesst. Schade, dass er ums Überleben kämpft, denn leider bleiben wenige Leute an seinem Stand stehen. Die zweite Protagonistin ist Martine, Anfang 40, erfolgreiche Unternehmerin. Sie wird von ihrem Mann unterstützt. Doch plötzlich stellt sich ihr die Frage: Ist das alles, was das Leben zu bieten hat und bin ich glücklich? Danny der Tänzer, der seinen Platz im Leben noch nicht so richtig gefunden hat, bringt Martines Gefühlleben ganz schön durcheinander. Zu guter Letzt ist das noch Marie-Louise, die fast erblindet ist. Sie lebt einsam in ihrem riesigen Haus auf Montmartre und denkt immer an ihre große Liebe zurück. Kaum zu glauben, dass alle diese Menschen im Café de Paris – das auch für die Leser zu einem ganz besonderen Ort wird - aufeinandertreffen. Mit der Zeit merken die Drei, wie wichtig sie einander sind.   Der Schreibstil der Autorin ist sehr locker und leicht zu lesen. Da das Buch aus den Perspektiven der verschiedenen Personen geschrieben ist, ist das Buch abwechslungsreich und niemals langweilig. Ein absoluter Gute-Laune-Wohlfühlroman, der einem unterhaltsame Lesestunden beschert. Der Roman ist genauso fluffig und warm wie das wunderschöne Cover.  Buchtipp des Monats Juni 2024 NINCSHOF von Johanna Sebauer Nincshof, ein kleines Dorf an der österreichisch- ungarischen Grenze, ist Schauplatz dieses überaus witzig geschriebenen Romans. Drei ortsansässige Männer haben es sich zum Ziel gemacht, dass ihr Dorf vergessen werden soll. Sie wollen alles wieder so haben wie es «Früher» mal war. So, wie es eine beinahe vergessene Legende erzählt. Die alte Erna Rohdiebl aus dem Dorf überrascht mit nächtlichen Aktivitäten und wird kurzerhand in die geheime Oblivisten Gruppe aufgenommen.  Bald kommen ihnen die Neuzuzüger in die Quere. Frau Isa Bachgasser ist eine berühmte Filmemacherin, die sich mit dem Umzug nach Nincshof aus der Öffentlichkeit zurückziehen will. Nun recherchiert sie aber gründlich nach der Nincshofer Legende und sorgt damit für Aufsehen. Zusätzlich freundet sie sich ausgerechnet mit Erna Rohdiebl an. Isa Bachgassers Mann, der Ziegenwirt, lebt sich derweil gut in die Dorfgemeinschaft ein, und will nun scharenweise Touristen ins Dorf locken. Damit verärgert auch er die Oblivisten sehr. Diese handelt umgehend krass.  Pointenreich beschreibt die junge Schriftstellerin aus Berlin in ihrem Debutroman die Gespräche der vier verschiedenen Charaktere über deren ausgefallenen Ideen, mit der sie ihr Dorf zurück zur grossen Freiheit ins «Nicht- bemerkt- Werden» verhelfen wollen. Empfehlenswert ist dieses Buch für alle, die der Hektik der heutigen Welt kurz entfliehen möchten und sich darauf einlassen können, dass unserer heutigen modernen Gesellschaft einen Spiegel vors Gesicht gehalten wird.  Buchtipp des Monats Juli 2024 WENN SIE WÜSSTE von Freida McFadden «Wenn du glaubst, diese Geschichte zu durchschauen, fängt sie erst an.» Dieses auf dem Buchrücken abgedruckte Zitat bringt diese Geschichte genau auf den Punkt.  Milli, die Hauptfigur versucht sich nach einer zehnjährigen Haftstrafe wegen Mordes wieder ins Leben einzugliedern. Mit diesem Hintergrund ist sie verzweifelt genug, auch Stellen anzunehmen, vor denen ihr Bauchgefühl eigentlich abraten würde. So kann sie ihr Glück kaum fassen, dass sie als Hausangestellte und Kindermädchen bei einer wohlhabenden Familie einen Job angeboten bekommt. Umso schöner, dass ihre neue Arbeitgeberin Nina sehr nett wirkt. Nur der Gärtner scheint Milli vor etwas warnen zu wollen. Und trotzdem:  diese Stelle ist für Milli vergleichbar mit einem Sechser im Lotto. Bei Arbeitsantritt beschleicht sie jedoch ein ungutes Gefühl. Trotz allem ist Milli froh, nicht mehr in ihrem Auto wohnen zu müssen und einen bezahlten Job zu haben. Alles scheint soweit klar und geordnet. Nina als ihre Chefin ist zwar sehr launisch und chaotisch, ihr Kind Cecelia eher beängstigend und respektlos aber immer wie aus dem Ei gepellt. Und der Hausherr Andrew ist charmant, sehr attraktiv und voller Verständnis. Wenn da nur nicht das Gefühl wäre, etwas stimme nicht. Doch dann beginnt Nina Dinge zu tun, die völlig verrückt sind und Milli das Leben zur Hölle machen. Was stimmt nicht mit ihr? Ist sie psychisch krank? Hat Andrew deshalb so viel Mitleid und Verständnis für Milli? Überhaupt werden Milli und Andrew durch die Verrücktheiten Ninas immer zu engeren Verbündeten. So nehmen die Dinge ihren Lauf, ohne dass der Leser ahnt, welch perfides Spiel gespielt wird.  Die unerwarteten Wendungen dieser Geschichte fesseln einen geradezu an dieses Buch. Die Autorin McFadden versteht es, die Spannung von Beginn weg aufrecht zu erhalten und lässt die Leser staunend über ihr Talent zu schreiben und zu kombinieren zurück. Da muss man unweigerlich auch das zweite Buch über Milli «Sie kann uns hören» (auch in der Bibliothek erhältlich) gelesen haben.  Buchtipp des Monats August 2024 MISS BENSONS REISE von Rachel Joyce Als die Lehrerin Margery Benson einen herben Rückschlag an ihrer Schule erleidet, beschließt sie, ihren Lebenstraum zu verfolgen: die Entdeckung des goldenen Käfers in Neukaledonien, den ihr Vater ihr in ihrer Kindheit zeigte. Entschlossen begibt sie sich auf diese abenteuerliche Expedition, raus aus dem grauen London der fünfziger Jahren, begleitet von der jungen und geheimnisvollen Enid Pretty. Die beiden Frauen könnten unterschiedlicher nicht sein: Margery, die gewissenhafte und entschlossene Lehrerin, und Enid, die lebhafte und undurchsichtige Assistentin. Auf den ersten Blick erscheint ihre Reise wie ein Rezept für Chaos und Missgeschicke. Doch die Autorin Rachel Joyce schafft es meisterhaft, eine Geschichte voller unerwarteter Wendungen und humorvoller Situationen zu weben, die die Leser*innen immer wieder überrascht. Trotz der zahlreichen komischen Momente bleibt die Erzählung stets warmherzig und tiefgründig. Joyce stellt die Träume und Hoffnungen der beiden Frauen in den Mittelpunkt, die trotz vieler Rückschläge nie aufgeben. Der erzählerische Ton ist einfühlsam und liebenswert, wodurch die Protagonistinnen einem allmählich ans Herz wachsen.  Buchtipp des Monats September 2024 SO IST DAS NIE PASSIERT von Sara Easter Collins Was als zwangloses Essen unter Freunden und Geschwistern beginnt, wird ein Abend, den niemand so schnell vergessen wird.  Willa ist Teil dieses Dinners. Als Schulfreundin und ehemalige erste Liebe von Robyn gehört sie praktisch zu Robyns Familie. Robyn, mittlerweile verheiratet mit Cat und Mutter von 3 Kindern richtet das Essen aus. Mit dabei sind auch Willas Freund Jame, Robyns Bruder Michael und dessen neue Freundin Liv, sowie Cats Bruder Nate mit seiner geheimnisvollen neuen Freundin Claudette. Da Nate und Claudette zu spät zur Gesellschaft stossen, haben sie nicht alle persönlich begrüsst, um die muntere Tischgemeinschaft nicht aus dem Gespräch und dem Essen zu holen. Diese Tatsache wird noch viel zum Ausgang des Abends beitragen….   Nebst belanglosem Geplauder entspinnt sich eine heisse Diskussion darüber, welche erste Erinnerungen die Gäste haben und ob diese suggeriert sind oder der echten Wahrheit entsprechen. Liv, angehende Psychologin weiss viel darüber zu erzählen und vertritt die These, dass die meisten Erinnerungen mit der Zeit durchwässert oder an eine zurechtgerückte Wahrheit angepasst werden. Was Liv nicht wissen kann, ist, dass Willa eine schwierige Kindheit hatte und seit ihrer Jugendzeit nach ihrer plötzlich verschwundenen Schwester sucht. Aufgerüttelt durch das Tischgespräch entwickelt sich parallel zur Tischgeschichte die ganze Geschichte von Willa, ihrer Schwester Laika und ihrem Elternhaus. Willa fragt sich: Was an meinen Erinnerungen ist echt? Ist das so passiert? Kann es sein, dass nach 20 Jahren ihre Schwester noch am Leben ist und sich genauso an einem Tisch mit Freunden befindet wie Willa jetzt? Ist es möglich, dass Nates Freundin Claudette ihrer Schwester ähnelt? Wenn da bloss nicht der französische Akzent wäre… Oder sieht Willa wie schon so oft ein Gespenst ihres sehnlichsten Wunsches, ihre Schwester zurückzubekommen?  Im Buch «So ist es nie passiert» von Sarah Easter Collins entwickelt sich eine dramatische und gleichsam traurige Geschichte einer Familie. Der Roman lebt durch die verschiedenen Figuren und deren Charakteren genauso wie durch die Spannung von Gesagtem, Wahrgenommenem und Ungeschriebenem. Es lohnt sich, sich mit an den Tisch zu setzen und ein Dinner der anderen Art mitzuerleben.  Buchtipp des Monats Oktober 2024 MITTEN IM WIND von Thomas Röthlisberger Mitten im Wind, so heisst der Buchtitel. Passend wäre auch Mitten im Wald, oder Mitten im Wirrwarr, im dem sich die Hauptfigur, Matti Nieminen befindet. Gleich zu Beginn des Romans ist man mittendrin in einer geheimnisvollen, düsteren Atmosphäre und die Vergangenheit kommt Schritt für Schritt ans Tageslicht, wenn dies auch nicht alle Beteiligten wünschen. Es ist eine schwarze Katze, die sich zuerst mit Mattis Hund anfreundet, oder zumindest geduldet wird, bevor sie sich auch ins Herz des alten Nieminen schleicht. Pekka taucht wieder auf, Mattis einstiger Freund, nun ärgster Feind. Der Polizeibeamten Henrik nimmt seine Nachforschungen wieder auf. Er soll die alten Geschichten rund um illegalen Pelzhandel, unerlaubten Liebschaften und einem ungeklärten Schuss im Dunkeln klären. Matti Nieminen muss sich, ob er nun will oder nicht, seiner Vergangenheit stellen. Er kommt dabei weit im Land umher und erlebt durchaus auch Amüsantes. Liebevoll beschriebene Ereignisse wechseln sich ab mit gruseligen Episoden, die auch mal in derber Sprache beschrieben werden. Und immer wieder scheint die Lösung des grossen Rätsels für Matti ganz nah zu sein und doch unerreichbar weit weg.  Der bald 70jährige Berner Schriftsteller Thomas Röthlisberger entführt uns in die Wälder und Weiten von Finnland. Sein vorheriges Buch «Steine» war vor 2022 nominiert für den Schweizer Buchpreis. Ob es dieser Roman auch schafft?  Buchtipp des Monats November 2024 IN DEN FARBEN DES DUNKELS von Chris Whitaker Wer kennt es nicht. Ein kurzer Moment der Unaufmerksamkeit oder eine sekundenschnelle Entscheidung kann ein ganzes Leben verändern.   So geschieht dies auch in einem kleinen beschaulichen Städtchen Amerikas. Patch ein 13-jähriger Junge, der bereits unter erschwerten Bedingungen mit seiner labilen Mutter aufwächst, trägt aufgrund eines fehlenden Auges eine Augenklappe. Um damit besser umgehen zu können, erzählt ihm die Mutter von klein auf, er selbst sei ein Pirat. Nicht ahnend, dass diese Annahme in Patch Kräfte mobilisiert, die sein Leben verändern wird.  Saint, Patch’s gleichaltriges Nachbarsmädchen ist seine einzige Freundin. Schon früh, verbringen sie viel Zeit und helfen einander, mit der jeweiligen Situation des Anderen um zu gehen. Saint hat ihre Eltern verloren und lebt bei Norma, ihrer Grossmutter.  Als eines Morgens Misty, das hübscheste Mädchen der Schule im Wald angegriffen wird und Patch zufällig dazukommt, zückt er in Piraten Manier sein Entermesser und geht auf den Angreifer los. Misty entkommt, Patch bleibt verschwunden.   Eine lange Suche beginnt. Dank Saints Hartnäckigkeit wird Patch befreit. Doch Grace, die mit ihm zusammen knapp ein Jahr lang in der Dunkelheit gefangen war, bleibt verschwunden. Nur durch sie konnte er während seiner Gefangenschaft durch ihre Erzählungen Farben und Formen, Geschichten und Stätten virtuell besuchen und so überleben. Patch findet nach seiner Befreiung nicht recht ins Leben zurück. Er vermisst Grace, beginnt sie zu malen. Nach unzähligen Versuchen hat er ihr Abbild nach seinen Tasterfahrungen und Graces Erzählungen geschaffen. Nun macht er sich durch ganz Amerika auf die Suche nach ihr. Dabei bleibt er seinem Piratenbild treu, überfällt Banken um als moderner Robin Hood Suchorganisationen für vermisste Kinder zu unterstützen. Ob er Grace je findet? Oder ist sie doch nur ein Phantom seiner Vorstellung und Überlebensstrategie und es hat sie nie gegeben?   Ein kurzer Schicksalsmoment und das Leben von Patch, Saint, Misty aber auch von Patch’s Mutter, Chef Nix und dem Arzt Dr. Tooms nehmen eine Wende. Das Buch von Chris Whitaker wandelt zwischen Thriller, spannendem Krimi, emotionalem Drama, einer Liebesgeschichte und packendem Gesellschaftsroman.  Er zeigt nicht nur wie schillernd Farben im Dunkeln sein können, sondern auch wie viel wir Menschen aus Liebe bereit sind für andere zu tun. Es ist eine eindrückliche Reise durch mehrere Jahrzehnte mit erstaunlichem Ausgang. Ein echtes Leseerlebnis voller Wärme und Hoffnung.  Buchtipp des Monats Dezember 2024 IN DEN FARBEN DES DUNKELS von Chris Whitaker Die Luzerner Autorin schreibt einen spannenden Krimi, der im Luzerner Hinterland angesiedelt ist.  Am Napf, unterhalb der Stächelegg in unwegsamem Gelände, wird eine schlimm zugerichtete, drei Tage alte Leiche gefunden. Cem Cengiz, Hans Peter Banz und Barbara Amato, die für diesen Fall zuständig ist, machen sich von Luzern aus auf den Weg ins luzernerische Hergiswil, um in diesem Mordfall zu ermitteln. Im Restaurant Sternen beim Obertor in Willisau sitzen der Finder des Opfers und seine Freunde zusammen bei einem Bier und besprechen die Neuigkeiten über die Leiche. Sie vermuten, dass dieses Vorkommnis im Zusammenhang steht mit einem Mordfall, der vor 15 Jahren auch in Hergiswil am Napf passiert ist. Am liebsten würden sie sich aufmachen und die «Bestie» selber zur Strecke bringen. Sie halten nicht viel von der Luzerner Kriminalpolizei und empfinden deren Arbeit als Einmischung.  Die ersten Ermittlungen der Luzerner Polizei ergeben, dass es sich bei dem Mordopfer um einen Kunsthändler aus New York handelt……  Verwoben mit viel Lokalkolorit und genauer Recherche über die Region überzeugt Monika Mansour mit ihrem achten Luzerner Krimi. Dieser überrascht mit Spannung bis zum Schluss und entlarvt einen unerwarteten Täter. Viel Spass bei dieser Literatur!  Buchtipp des Monats Januar 2025 DER HUND, DER NUR ENGLISCH SPRACH von Linus Reichlin «Wieder mal ein sehr lustiger, verrückter und philosophischer Roman des fabelhaften Schweizer Erzählers.», schreibt ein Rezensionist der NDR Kultur über dieses eigenartige Buch, dessen Cover in schillernden Farben ahnen lässt, dass auch die Sprache, der Linus Reichlin sich bedient, überaus pointiert und witzig daherkommt.  Felix Sell, ein ehemaliger Landschaftsarchitekt, wird mit dem überraschenden Auftauchen eines kleinen Terriers namens Hobo auf eine abenteuerliche Reise geschickt. Dabei passiert er immer wieder die Brücke zwischen Realität und Fiktion. Oder nennen wir es Wahrheit oder Traum? Echte Verschwörungstheorien oder harmloses Hirngespinst? Geht es um Vergangenheitsbewältigung oder ums Schmieden der Zukunft? Unweigerlich schliesst man den etwas einsamen, aber zufriedenen Pensionär Felix ins Herz, der immer mehr Gegner gegen sich zu haben scheint. Felix öffnet sich trotz anfänglicher Kommunikationsproblemen einem Zusammenleben mit Hobo dem Hund, der eben nur Englisch spricht.  Die dreissig Tage dauernde Frist, welches das ungleiche Duo im Tessin abzuwarten hat, bis es endlich nach Florida ausreisen wird, vergeht äusserst rasch. Witzige Szenen wechseln sich derart rasant mit tiefgründigen Gedankengängen ab, sodass das Buch kaum weggelegt werden kann. Wo und wie wird diese Reise bloss enden? «Es gibt nämlich zwei Möglichkeiten eines Endes dieser Geschichte», Zitat Linus Reichlin, « die eine ist ein Happy End, dem man trauen kann, und die andere ist ein Happy End, dem man nicht trauen kann.»  Buchtipp des Monats Februar 2025 VERMISST von Christine Brand Ein packender Auftakt für eine vielversprechende Cold-Case-Reihe  Malou Löwenberg, Kommissarin beim Morddezernat in Bern, ist nicht nur durch ihre Arbeit geprägt, sondern auch durch ihre eigene Lebensgeschichte als Findelkind. Als sie auf Dario trifft, wird sie von seinem Schicksal in den Bann gezogen: Seine Mutter verschwand spurlos an seinem fünften Geburtstag, und trotz aller Widerstände hält er an der Hoffnung fest, dass sie noch lebt. Angetrieben von ihrer eigenen Vergangenheit, beginnt Malou, in diesem und ähnlichen Fällen zu ermitteln. Schon bald wird klar, dass Darios Geschichte kein Einzelfall ist: Immer mehr Vermisstenfälle kommen ans Licht, bei denen Mütter am fünften Geburtstag ihrer Kinder verschwanden – begleitet von mysteriösen Geburtstagskarten, die die Kinder bis heute erhalten. Das Buch fesselt von der ersten bis zur letzten Seite. Es gehört zu diesen Geschichten, die man kaum aus der Hand legen kann. Die Figuren, allen voran Malou, sind hervorragend ausgearbeitet. Mit ihrer Mischung aus Stärke, Unangepasstheit und Verletzlichkeit wächst sie einem sofort ans Herz. Sie ist keine typische Ermittlerin, sondern jemand, der mit Herz und Intuition genauso überzeugt wie mit Verstand. Die Spannung steigt mit jeder Seite, während die Verknüpfungen zwischen den einzelnen Fällen immer klarer, aber auch rätselhafter werden. Man fiebert mit und möchte unbedingt erfahren, was wirklich hinter dem Verschwinden von Darios Mutter und den anderen Frauen steckt. Überraschende Wendungen sorgen dafür, dass die Handlung bis zum Schluss unvorhersehbar bleibt, und die schlüssige Auflösung hinterlässt ein rundum zufriedenstellendes Gefühl. Dieses Buch ist mehr als nur ein spannender Kriminalroman – es ist der gelungene Start einer neuen Reihe, die das Zeug hat, ein Highlight im Cold-Case-Genre zu werden. Ein Muss für alle Krimi-Fans!  Buchtipp des Monats März 2025 AKIKOS STILLES GLÜCK von Jan-Philipp Sendker Der deutsche Autor Jan- Philipp Sendker, der lange Amerika - und Asienkorrespondent des STERN war, schreibt ein feines Buch, das von der Beziehung zweier ganz unterschiedlichen Menschen erzählt.  Die neunundzwanzigjährige Akiko lebt seit dem Tod ihrer Mutter vor zwei Jahren, alleine. Eines Abends auf dem Heimweg von ihrer Arbeit, begegnet sie zufällig Kento, ihrer ersten Liebe aus Schulzeiten wieder. Kento führt ein zurückgezogenes Leben als ein Hikikomori, der sich nur nachts auf die Strasse traut.  Gleichzeitig entdeckt Akiko im Nachlass ihrer Mutter eine Lebenslüge, die all ihre Gewissheiten in Frage stellt. Sie muss sich eingestehen, dass sie nicht weiss, wer sie wirklich ist. Mit Kentos Hilfe begibt sich die junge Frau auf eine Reise zu ihrer eigenen Geschichte. Ihr Leben nimmt eine unverhoffte Wendung und führt sie zu den Fragen, die sie sich bisher nicht zu stellen wagte: Wie will ich leben? Und habe ich den Mut jemanden zu lieben?   Jan-Philipp Sendker hat ein stilles, feines Buch geschrieben, das zum Nachdenken über das Leben, Beziehungen, Wichtiges und Unwichtiges einlädt. Lassen Sie sich darauf ein……  Buchtipp des Monats April 2025 AUF DER BRÜCKE von A.K. Gent «Stellst du Vernunft über Gefühle, oder Gefühle über Vernunft?», fragt Lily Alex. Mit diesem Zitat aus der Buchmitte lässt sich kurz und knapp zusammenfassen, um was sich dieser fesselnde Roman von A. K. Gent dreht. Die junge Autorin mit Jahrgang 1993 verbrachte ihre Kind- und Jugendzeit in Russland, Deutschland und der Schweiz. Wie die Hauptfigur ihres Buches ist A.K. Gent mehrmals umgezogen, auch sie war Studentin und lebt nun in Hamburg, einem der Schauplätze des Buches.  Es geht drunter und drüber im Leben von Alex, einem jungen, zielstrebigen Mann. Nicht nur mit seinen Gefühlen für Lily, die er bereits in seiner Schulzeit kennenlernt. Er, der als «kleiner Mozart» benannt seine Karriere als Pianist beginnt, kehrt der klassischen Musik plötzlich den Rücken zu, weil er den Verlockungen der Jugend unterliegt. Er macht dabei nicht nur gute Erfahrungen und bekommt zunehmend zu Hause und als Student an der Universität grosse Probleme.  Dank guten Freunden und seiner gradlinigen Art gelingt es ihm dennoch, eine erfolgreiche Musikerkarriere aufzubauen und bleibt sich einer Sache treu: Seiner Liebe zu Lily- obwohl die beiden sich mehr als einmal trennen und wiederfinden. Die völlig unterschiedlichen Lebensstile der beiden jungen Hauptfiguren liest sich in einer erfrischend klaren Sprache. Die junge Autorin wagt sich an ernste Themen des Lebens und regt ihre Leserschaft an, darüber nachzudenken: Beruf, Karriere,  Erfolg, Schicksal, Freundschaft,  Liebe und Sinn des Lebens?  Das Buch lässt sich kaum aus den Händen legen und wartet mit einem genial offenen Ende auf.  Buchtipp des Monats Juli 2025 22 BAHNEN von Caroline Wahl Es kribbelt und rauscht in «22 Bahnen» auf 205 Seiten. Man wird überrascht, die Gemüter erhitzt und abgekühlt, bis man beinahe ertrinkt und wieder mitten im Leben auftaucht- der Debut Roman der jungen Autorin Caroline Wahl bietet viel und gibt Einblick ins wilde Studentenleben, ins Erwachsenwerden, er beschreibt tiefe Freundschaften und bedingungsloser Familienzusammenhalt. Das Buch bekam mehrere Literaturpreise. Das Setting ist eine «langweilige, kleine Stadt» und spielt an vier Hauptorten: Im Schwimmbad, in einer Wohnung der Fröhlich Strasse, in einem «traurigen Haus», im Supermarkt und an der Universität. Caronline Wahl erzählt die Geschichte einer starken jungen Frau, der Studentin Tilda Schmitt. Zwei Monate lang begleiten wir sie und ihre kleine Schwester Ida, wie sie mit dem Alltag an der Seite ihrer alkoholsüchtigen Mutter zurechtkommen. Erzählt wird in moderner, frischer und direkter Sprache. Kurze Dialoge drehbuchartig geschrieben sind ebenso geschickt platziert wie Tildas Erinnerungen an ihre Kindheit und lassen erahnen, wie die drei in ihre missliche Lage gerutscht sind.  Da taucht Viktor auf- ein mysteriöser junger Russe, dessen Familie und Unikollegen eng mit Tildas aktueller Situation und ihrer Vergangenheit verknüpft sind. Ob sich auch eine gemeinsame Zukunft ergibt, soll hier nicht verraten werden. Es gibt allerdings einen Nachfolgeroman, «Windstärke 17», den wir ebenfalls in unserer Bibliothek anbieten. Vielleicht haben auch Sie Lust auf eine weitere stürmische Geschichte.  Buchtipp des Monats Mai 2025 EIN UNGEZÄMTES TIER von Joël Dicker Beim Lesen des Buchs «Ein ungezähmtes Tier» wird nicht nur von einem Panther geschrieben. Der Aufbau der Geschichte erinnert ebenso an eine auf der Lauer liegende Raubkatze, die mal anpirscht, vorprescht, um sich wieder in Deckung zu begeben.  Sophie Braun und ihre Familie scheint auf der Sonnenseite des Lebens zu stehen. In ihrem grosszügigen Glashaus inmitten eines grossen Grundstücks mit Waldumrandung geniessen sie ihr Familienleben. Sophie sowie ihr Mann Arpad arbeiten als Anwältin und Bankier, die beiden wohlerzogenen Kinder runden das idyllische Familienleben ab.  Ganz im Gegensatz dazu lebt die Familie Liégean in einem Quartier mit Reihenhäusern für die Mittelklasse ein eher unscheinbares Leben. Karine ist Boutique-Verkäuferin, die beiden wilden Jungs werden mehr oder weniger gut von einem Kindermädchen betreut, während Greg als hochrangiger Polizist in der Ermittlungskommission tätig und oft verdeckt unterwegs ist.  Durch den Fussballverein der Kinder lernen sich die beiden Familien kennen. Während Karine gerne so ein Leben führen würde wie die Brauns, ist Greg beim Anblick von der attraktiven, strahlenden Sophie wie besessen. Er will ihr nahe sein, bespannt sie auch vom Wald aus in dem gut einsehbaren Glashaus. Mit Hilfe seiner Möglichkeiten als Polizist verschafft er sich sogar Zugang zu Bildern aus ihrem Schlafzimmer. Wohlweislich, dass er sich damit in Teufels Küche bringt, sollte das je herauskommen. Doch was dann seinen Lauf nimmt, kann selbst er sich nicht ausmalen.  Was ist wahr, was ist Schein? Nicht nur im Leben der glamourösen Familie entstehen Risse. Auch Familie Liégean hat Aufgrund Gregs Verhalten zu kämpfen. Intrigen, Betrug, Lügen, Affären werden aufgedeckt. Schatten der Vergangenheit tauchen wieder auf und verknüpfen sich mit der Gegenwart. Die in einen geplanten Raubüberfall involvierten Personen schleichen umeinander herum wie – Raubkatzen. Die Spannung steigt im Verlauf der Geschichte genau wie bei einem Beutezug eines Raubtiers bis zum entscheidenden Angriff. Der Ausgang der Geschichte – einen Katzensprung anders als gedacht.  Buchtipp des Monats Juni 2025 WAS ICH DIR NICHT SAGE von Anja Nunyola Glover Die junge Autorin Anja Nunyola Glover, Tochter einer Schweizerin und eines Ghanesen, ist in Willisau aufgewachsen. Sie beschreibt in ihrem Buch «Was ich dir nicht sage» von ihren Erfahrungen über Rassismus. Sie spricht den/die Leser*in direkt mit Du an und verleiht ihren Aussagen somit eine grosse Dringlichkeit.  «In deinen Augen bin ich eine Aktivistin. Für mich fühlt es sich eher an, als ob ich resistieren oder schlicht sprechen würde, als ob ich in Integrität mit meinen Werten versuchen würde einfach zu sein. Selbst wenn ich nur meine natürliche Haarfrisur, einen Afro trage, beschreibst und liest du mich als Aktivistin. Wann immer ich strukturellen Rassismus benenne, werde ich als Aktivistin bezeichnet. Aber auch mit meinem Schweigen oder Nicht-Auftreten werde ich zur Aktivistin. Ich habe oft darüber nachgedacht: Aktivismus ist eine Form der Resistenz. Oder vielmehr: Jedes Resistieren wird automatisch als Aktivismus gelesen. Das blosse Ich-Sein und Nicht Akzeptieren der Welt, so wie sie ist, macht mich zur Aktivistin und damit zum Problem, zum Störfaktor. Solange ich von einem Problem spreche, bin ich das Problem, bin ich eine Aktivistin.»  «Was ich dir nicht sage» ist ein Appell unser Denken und Handeln als weisse-Menschen zu überdenken.   «Es muss weissen Menschen gefallen, denn sie entscheiden darüber, ob etwas relevant ist oder nicht. Ob etwas veröffentlicht werden soll. Und ich weiss nun mal, wie sie ticken. Das ist mein Job, ich bin jeden Tag mit ihren Sorgen beschäftigt. Ich weiss, welche Art von Buch sie von mir wollen. Funktionieren würde es, wenn ich schreiben würde, was man mir alles Schlimmes gesagt hat. So wie in den ganzen Dokus. Klassische Betroffenheitsperspektive. Keine Expert*innen-stimmen, kein historischer Kontext, keine Forschung.»  Lassen Sie sich auf diese spannende Auseinandersetzung ein!  Buchtipp des Monats August 2025 BEEREN PFLÜCKEN von Amanda Peters Ein schicksalhafter Moment und das Leben aller Beteiligten wird sich von einer Sekunde auf die andere verändern.  Die Geschichte beginnt im Jahr 1962. Eine indigene Familie vom Stamm der Mi’kmaq reist jährlich aus Nova Scotia nach Maine zur Beerenernte. Sie richten sich für ein paar Monate ein in einem kleinen Bretterhäuschen mit Feuerstelle zum Kochen, ohne fliessend Wasser. Alle, die können, helfen bei der Ernte mit. Je mehr Körbe gefüllt werden, desto grösser ist der Lohn. Die kleine Ruthi ist mit ihren 4 Jahren noch zu klein, um mitzuhelfen. Das ruhige, blasse Mädchen sitzt deshalb häufig auf einem Stein am Feldrand und spielt mit ihrer Sockenpuppe. Doch plötzlich ist sie weg. Trotz stundenlangem Suchen ist sie nicht wieder auffindbar. Ein Unglück, das die ganze Familie mit Trauer, Schuldgefühlen und Wut erfüllt. Eine Wut, die vor allem das Leben des zweitjüngsten der Familie, Joe prägen wird. Durch diese Wut und Schuldgefühle erleidet er einen schweren Unfall, der ihm fast das Leben kostet und ihn zeitlebens Schmerzen beschert. Er verliert immer mehr die Kontrolle über sich, bis er für viele Jahre abtaucht und seine Familie, auch seine Frau und Tochter im Stich lässt.  Alle Familienmitglieder haben zu kämpfen nach Ruthis verschwinden. Die Mutter, der Vater, Schwester Mae und die Brüder Ben und Charly. Dieser stirbt bei einer Prügelei, bei der er sich für einen alten, schwachen Säufer einsetzt. Ein weiterer harter Schicksalsschlag für die Familie. Umso mehr hoffen alle ihr Leben lang auf ein Wiedersehen mit Ruthi. Ob dem schwerkranken Joe dieser Wunsch vor seinem Tod noch erfüllt wird?  Zur selben Zeit wächst in Main ein Mädchen namens Norma auf. Norma wird von der Liebe und Fürsorge Ihrer Eltern fast erdrückt. Aus Sorge darf sie allein kaum ausserhalb der eigenen Grundstücksgrenzen. Auch die Kopfschmerzattacken der Mutter engen Norma ein. Beängstigend kommen Träume hinzu, die Norma regelmässig heimsuchen. Immer öfters spürt Norma, dass es ein Geheimnis gibt zwischen ihr und ihren Eltern. Ihre Tante June und deren Frau Alice helfen Norma über die Jahre, mit der Kontrollsucht und der Verschwiegenheit der Eltern klarzukommen. Doch auch in dieser Familie prägt es alle involvierten Angehörigen, dass es ein unausgesprochenes Geheimnis gibt. Es bestimmt ihr Leben.  Was die beiden Schicksale miteinander gemeinsam haben, ist in einer wunderbaren Art von der Autorin Amanda Peters, auch anhand wahrer Begebenheiten der Mi’qmak geschrieben worden. Sie erzählt von Schmerz, Liebe, Ethnie, Ausgrenzung, Brutalität und die Heilsamkeit der Vergebung.